Widersprüchliche Angaben zu den Antigen-Schnelltests

Im Zuge unserer Recherchen rund um die Aktion “Südtirol testet” sind wir auf einige interessante und auch äußerst unstimmige Informationen gestoßen.

Die Informationen der südtiroler Landesregierung

In der Verordnung der Südtiroler Landesregierung Nr. 70 vom 17.11.2020 steht:

  • „...aktuelle Dokumente des ECDC (European Center of Desease Prevention and Control), welche bestätigen, dass es sinnvoll erscheint, eine große Anzahl an Tests durchzuführen, unabhängig davon, ob die Personen Symptome aufweisen, um möglichst viele SARS-CoV-2 Infektionen zu identifizieren. Die Antigen-Schnelltests werden zu diesem Zweck als ideal angesehen, ...“


Auf der Seite der Südtiroler Landesverwaltung findet sich unter den häufig gestellten Fragen und Antworten folgendes:

  • “Es gibt ja mehrere Antigentests. Welchen genau verwendet der Sanitätsbetrieb bei dieser Testaktion?”
    “Bei dieser Testaktion werden folgende Antigentests verwendet: der Standard Q COVID-19 Ag Test der Firma Relab und der Panbio COVID-19 Ag Rapid Test Device der Firma Abbott.”
    (Stand: 17.11.2020)

  • “Welche Werte haben diese Tests bei Sensivität und Spezifität?”
    Die Zuverlässigkeit dieser Antigen-Schnelltests wird durch einen Sensitivitätsindex von 96% und einen Spezifitätsindex von 99% gewährleistet.”
    (Stand: 17.11.2020)

  • “Was genau bedeutet es, wenn ich positiv auf den Antigen-Schnelltest getestet werde?”
    ”Ein positives Testergebnis des Antigen-Schnelltests zeigt an, dass die Person zu diesem Zeitpunkt mit dem Coronavirus infiziert und hoch infektiös ist. Deshalb ist eine umgehende Isolation absolut wichtig.”
    (Stand: 16.11.2020)


Und auch das findet sich auf der Seite des Sanitätsbetriebes:
„Symptomatische Personen dürfen nicht zum Test kommen.“



Die Informationen der Testhersteller

Wenn man nun einmal die Informationen der Firmen Relab und Abbott bezüglich der oben angeführten Tests anschaut, erhält man folgende Auskunft:

Die Firma Relab gibt für Ihren Standard Q Covid-19 Ag Test eine Sensitivität von 84,38% und eine Spezifität von 100% an.

 
frei-netz-beipackzettel-corona-test.png
 

Auf dem Beipackzettel zu diesem Test findet sich folgendes:

 
beipackzettel-antigen-schnelltest.jpg
 

Bei der Firma Abbott findet sich für den genannten Test folgendes:

  • “Panbio™ COVID-19 Ag Rapid Test Device è un test a flusso laterale per la ricerca rapida e qualitativa del virus SARS-CoV-2. Per la raccolta dei campioni viene usato un tampone nasofaringeo. Non richiede alcun test di conferma. Un risultato negativo non preclude la presenza di infezione da COVID-19 e non può essere utilizzato come unica base per il trattamento o per altre decisioni terapeutiche/gestionali, ma deve piuttosto essere usato in combinazione con osservazioni cliniche, anamnesi del paziente e informazioni epidemiologiche. I risultati preliminari di uno studio clinico di Abbott su 241 campioni hanno dimostrato che Panbio™ COVID-19 Ag test ha una sensibilità del 93,3% e una specificità del 99,4% sulle persone con sospetta esposizione al Covid-19 o che hanno avuto sintomi negli ultimi 7 giorni.i Abbott ha sottoposto le informazioni sul test all’Organizzazione Mondiale della Sanità per l'inserimento nella Emergency Use Listing. Panbio™ COVID-19 Ag è stato progettato con caratteristiche di sicurezza contro i rischi biologici, al fine di ridurre il rischio di contaminazione virale mentre gli operatori sanitari eseguono il test.”


Auf der deutschen Seite sieht es für das gleiche Produkt erstaunlicherweise etwas anders aus:

  • Sensitivität*: 91,4 % (94,1 % für Proben mit Ct-Werten ≤ 33)

  • Spezifität*: 99,8 %


Weiters sind bei Abbott zu diesem Test folgende Hinweise zu finden:

  • “Die Testergebnisse müssen in Verbindung mit anderen klinischen Daten bewertet werden, die dem Arzt zur Verfügung stehen.”


  • “Das Ablesen der Testergebnisse früher als 15 Minuten oder später als 20 Minuten kann zu falschen Ergebnissen führen. “

  • “Eine Infektion mit SARS-CoV kann zu positiven Ergebnissen führen. PanbioTM COVID-19 Ag Rapid Test Device zeigt Kreuzreaktivität
mit dem humanen SARS-Coronavirus-Nukleoprotein bei einer Konzentration von 25 ng/ml oder mehr, da SARS-CoV eine hohe Homologie (79,6%) zu SARS-CoV-2 aufweist.”

Relab dagegen weißt auf folgendes hin:

  • “Der Test ist für Patienten mit klinischen Symptomen bestimmt, liefert nur ein erstes Screening-Testergebnis und es sei ein Bestätigungstest erforderlich. Weiters, dass das Testergebnis von einem Arzt, in Verbindung mit anderen verfügbaren Daten, bewertet werden muss.”

Und nun fragen wir uns:

  • Wenn der Test von Relab für die Anwendung bei Patienten mit klinischen Symptomen einer Infektion mit SARS-CoV-2 bestimmt ist, warum dürfen dann genau diese nicht am Screening teilnehmen, sondern nur asymptomatische Menschen für die der Test nicht gemacht ist?

  • Können in diesem Fall der Anwendung des Tests bei asymptomatischen Personen die angegebenen Sensitivitäts- und Spezifizitätsindexe stimmen?

  • Wie verlässlich sind diese Werte überhaupt, wenn sie sogar innerhalb der eigenen Beipackzettel immer wieder anders angegeben werden?

  • Werden bei diesem Screening die klinischen Daten der Getesteten von einem Arzt bewertet?

  • Die Firma Abbott schreibt auch, dass sie die Informationen bezügl. des Tests der WHO unterbreitet hat. Von einer Antwort der WHO steht dabei nichts. Hier drängt sich die Frage auf, ist der Test zertifiziert und amtlich validiert?

  • Wie kann die Südtiroler Landesverwaltung behaupten: “Ein positives Testergebnis des Antigen-Schnelltests zeigt an, dass die Person zu diesem Zeitpunkt mit dem Coronavirus infiziert und hoch infektiös ist?” Kann sie für die Wahrheit dieser Behauptung und für die Folgen die Verantwortung übernehmen?

Noch eine kleine Bemerkung

Abbott bietet übrigens für Massentestungen eine weitere tolle Lösung an, nämlich eine direkte Verbindung eines schnellen Antigen Tests mit einer Mobile-App, BinaxNOW Covid-19 Ag gemeinsam mit NAVICA, welches als digitaler Gesundheitspass beworben wird. Erschwinglich, einfach zu benutzen und er ermöglicht dann den Zutritt zu Arbeitsplätzen, Schulen usw., so die vielversprechende Werbung.

Da können wir ja froh sein, dass die Landesregierung diese Lösung (noch) nicht angekauft hat!

TestsCarolin Herberg